flussgespräch

Einladung zum Zuhören, Loslassen und zum Mitgehen.

ich:
nimmst du mich mit?
auch wenn ich nicht weiss, wohin?

fluss:
du fragst,
ob du mit darfst –
doch du bist längst auf dem weg
der moment, in dem du fragst,
ist schon bewegung
ich trage dich
nicht fort,
sondern heimwärts
dorthin,
wo du dich wieder findest

ich:
und was ist mit dem schweren,
das ich nicht mehr halten kann?

fluss:
du nennst es schwer
doch schau:
es löst sich schon
im blossen benennen
gib es mir
nicht als last,
sondern als geste
ich bin tief
und kenne die sprache
des loslassens

ich:
du bist so schnell –
macht mir angst,
nicht zu wissen, wo ich lande

fluss:
deine angst
ist die sehnsucht nach sicherheit
ich kenne keine festen orte
nur das tragen
du musst nicht wissen,
wo du landest
nur,
dass du getragen wirst
in deinem tempo
in deinem mut

ich:
was bleibt, wenn alles geht?

fluss:
was geht,
war nie verloren
was bleibt,
ist das,
was du bist
wenn du nichts mehr festhalten musst

ich:
manches in mir
klammert sich fest
an alte bilder,
an erinnerungen
wie wurzeln im ufer

fluss:
auch das klammern
ist teil der bewegung
jede wurzel weiss,
wann sie loslässt
du brauchst sie nicht abschneiden
nur lauschen,
wann es Zeit ist

ich:
warum muss ich mich verändern?
kann ich nicht einfach bleiben?

fluss:
bleiben heisst nicht stillstand
auch das wasser bleibt wasser
während es fliesst
du veränderst dich nicht,
um jemand anderes zu werden
sondern um tiefer
du selbst zu sein

ich:
du klingst so sicher
so klar
woher weisst du,
dass es gut ist?

fluss:
ich weiss nichts
ich bin nur
und vielleicht ist das
das sicherste überhaupt

ich:
und wenn ich müde bin?

fluss:
dann werde ich langsam
und wiege dich
bis du wieder
in dir ruhst

ich:
wohin gehst du jetzt?

fluss:
ich gehe weiter
durch dich hindurch
durch jeden tag
durch jede entscheidung
ich bin dort,
wo du dich dem leben
zuwendest
im loslassen,
nicht im wissen

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