Zwischen Sommer und Herbst – die Kraft des Dazwischen
Der September ist ein Monat des Dazwischen. Die Wärme des Sommers klingt noch nach, die Abende werden frischer, die Schatten länger. Es ist kein Sommer mehr – noch kein Herbst. Wir stehen an einer Schwelle.
Solche Übergänge haben ihre eigene Stimmung. Sie halten uns an, weil wir spüren: Etwas verabschiedet sich, etwas Neues will beginnen – auch wenn es noch ungestalt ist. In diesem Schweben liegt ein Zauber, aber auch eine stille Trauer. Das Vertraute verblasst, während das Kommende noch hinter einem Schleier liegt.
Übergänge erinnern uns: Nichts bleibt, wie es ist. Sie machen verletzlich. Wir müssen loslassen, ohne zu wissen, was wir gewinnen. Manchmal fühlt es sich an wie ein Abschied, manchmal wie eine Verheiung – oft ist es beides zugleich.
Der September lädt uns ein, diese Zwischenzeit auszuhalten. Nicht sofort ins Neue zu eilen, sondern einen Moment länger auf der Schwelle zu verweilen. Im Dazwischen liegt ein eigener Rhythmus.
Wer sich auf Übergänge einlässt, entdeckt eine besondere Tiefe: Dankbar zurückzublicken und zugleich die ersten Spuren des Kommenden zu erahnen – wie das Rascheln der Blätter, bevor sie fallen.
Die Unruhe des Übergangs
Übergänge sind selten leicht. Wir sehnen uns nach Klarheit und festem Boden. Doch sie entziehen uns für eine Weile beides.
Wir kennen sie nicht nur aus den Jahreszeiten, sondern auch aus dem Leben: wenn etwas zu Ende geht, das Neue aber noch nicht sichtbar ist. Dieses Unbestimmte auszuhalten verlangt Vertrauen – und Geduld, nicht vorschnell zu springen.
Das Geschenk der Schwebe
Und doch wohnt dem Übergang ein Geschenk inne. Es ist eine Zeit, in der das Alte gehen darf, ohne dass das Neue schon greifbar sein muss. Eine Zeit, in der wir üben, in der Schwebe zu bleiben.
Wie die Erde im September Früchte trägt und zugleich Blätter fallen lässt, so tragen auch wir in Übergängen beides: das Vollendete und das, was im Werden ist.
Im Dazwischen geschieht Reifung. Neues sortiert sich, das Bleibende tritt klarer hervor, das Überholte fällt leise ab. Übergänge sind nicht nur Unklarheit – sie sind Verwandlung.
Wege durch das Dazwischen
Übergänge lassen sich wie eine Reise betrachten – mit Aufbruch, Unterwegssein und einem Ziel, das sich erst später zeigt. Hilfreich sind kleine Schritte:
Altes würdigen
Schau dankbar zurück. Dankbarkeit schliesst Türen sanfter.
Fragen zulassen
Noch keine Antworten zu haben, ist erlaubt. Fragen dürfen wie offene Fenster bleiben.
Pausen leben
Übergänge brauchen Stille: ein Spaziergang, das Rauschen des Wassers, ein stiller Moment.
Auf Zeichen achten
Das Neue kündigt sich oft leise an – in einem Gedanken, einem Gespräch, einem Funken von Neugier.
Die Kraft im Übergang
Der September zeigt: Wir müssen Übergänge nicht erzwingen. Sie geschehen. Wir dürfen uns ihnen anvertrauen und uns vom Rhythmus tragen lassen. So wie die Sonne tiefer steht und die Luft klarer wird, können auch wir klarer werden – nicht durch Tun, sondern durch Lassen.
Übergänge sind keine Brüche, sondern Brücken.
In diesem Innehalten liegt die Kraft des Dazwischen – eine Kraft, die uns in den Oktober hinein begleitet, wo das Loslassen beginnt.